Erstes Mal Einhandsegeln: Meine 5 Erkenntnisse

Einhandsegeln

Zum ersten Mal ganz alleine Segeln nach nur 2 Wochen

Mittelweile liegt meine erste Ausfahrt im Einhandsegeln rund 6 Monate zurück. Seitdem hat sich viel getan. Trotzdem denke ich noch gern an diesen aufregenden Moment zurück. Ich war zwei Wochen zuvor das erste Mal überhaupt gesegelt. Der Kaufvertrag der Passion war zu diesem Zeitpunkt noch frisch unterzeichnet und ich hatte ehrlich gesagt in Sachen Segeln keine großen Kenntnisse. Dank meines Trainers war zumindest das Pinnen-Trauma – ich hatte mir meine Bugspitze direkt in der Kranbox kaputt gefahren – überwunden. Und mehrere intensive Trainingstage auf dem Wasser lagen bereits hinter mir.

Eine Woche zuvor – am Ostersonntag – hatten mein Segeltrainer Tommy und ich die Passion Richtung Heimathafen gesegelt. Es war ein wunderschöner Törn, bei dem ich alle Windkurse mindestens einmal segelte. Der Wind war gemählich am blasen und die Temperaturen milde. Perfekte Vorraussetzungen für meinen ersten längeren Törn. Da wir erst am späten Nachmittag losfuhren, wurde ich zusätzlich noch mit einem Sonnenuntergang auf dem Ijsselmeer belohnt. Wäre ich nicht zuvor schon vom Segelfieber gepackt gewesen, spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte es mich erwischt.

In Gedanken auf dem Wasser

Wieder zuhause war ich die Woche über ständig in Gedanken auf dem Wasser. Im Kopf ging ich die Abläufe der gelernten Manöver durch. Überlegte, wie ich das Ablegen Einhand händeln könnte. Erinnerte mich an die Handgriffe und natürlich an die wertvollen Ratschläge von Tommy. Immer und immer wieder. Und mit jedem Tag wurde der Drang, es alleine zu versuchen größer. Der Versuch, das Einhandsegeln anzugehen, stand ganz oben auf meiner Wunsch- und Zielliste.

Eigentlich war geplant, dass ich an dem kommenden Wochenende noch einmal Training habe. Doch aus diversen Gründen musste der Unterricht ausfallen. Ein Blick auf die Wetterapp versprach mir zeitgleich optimale Bedingungen fürs Segeln. Schon auf dem Weg nach Stavoren schrieb ich meinem Segellehrer.

„Meinst du, wenn es nicht klappt… ich könnte heute und morgen auch alleine fahren? Hafenmanöver üben?🤔 und einfach mal probieren zu segeln?😅 vielleicht könnte ich ja Heike, Gunnar oder meinen Onkel fragen, ob sie Lust hätten mitzukommen 🙃 ganz alleine wäre vermutlich erstmal schlecht🤔🙆‍♀️?“

Gespannt wartete ich auf seine Antwort. Und da war sie:

„Können, kann man immer. Ob du dich traust ist die Frage. Und andere zu fragen, ist doch auch okay.“

Das war alles, was ich als Bestätigung brauchte. Ich wusste, dass Tommy mir bei irgendeinem Zweifel gesagt hätte, dass ich es bleiben lassen soll. Also ging ich während der Autofahrt erneute An- und Ablegemanöver durch. Überlegte, an was ich alles denken müsse. Meine Aufregung stieg zusehends und ich fragte mich, ob ich später tatsächlich den Mut aufbringen würde, „einfach mal“ rauszufahren.

Einhandsegeln: Vorbereitungen für die erste Ausfahrt

Am Boot angekommen brauchte ich erst einmal einen Kaffee. Die Pause nutzte ich, um die Bedienungsanleitung des Pinnenpilots zu studieren. Bis dato hatten wir noch keine Bekanntschaft gemacht und es galt, sich mit seiner Funktionsweise zügig und gewissenhaft vertraut zu machen. Danach begann ich alles für meine kleine Ausfahrt vorzubereiten. Heute bin ich flott, wenn es darum geht, die Passion startklar zu machen. Doch vor sechs Monaten war das noch ein kleines Examen für mich. Ein Boot segelklar zu machen, erfordert zahlreiche Handgriffe. Und wenn man alleine fährt, dann bedeutet dies, dass man quasi schon vorm Ablegen das Anlegen vorbereitet. Alles muss bereit und am richtigen Platz liegen. Ist das beim Segeln eh eine goldene Regel, so ist es beim Einhandsegeln ein ungeschriebenes Gesetz.

Einige Stunden, Tassen Kaffee und Whats App-Nachrichten an Tommy später, war es dann soweit: Ich startete den Motor und mein Herz rutschte mir Zeitgleich mit Ertönen der Motorengeräusche in die Hose. Der Plan war eigentlich einfach. Eine kurze Ausfahrt vor Stavoren plus die ein oder andere Wende. Das sollte für den Anfang reichen, so meine Idee. Wer jetzt erwartet, dass ich ein elegantes Ablegemanöver hingelegt habe, der irrt. Aber ich legte ohne Zwischenfälle ab – und das ist das Entscheidende.

Kleiner Tipp an dieser Stelle zum Thema Hafenkino

Macht Euch keine Gedanken darüber, was andere sehen, denken oder sagen. Ihr seid der Skipper. Und solange niemand gefährdet oder andere Boote zu schaden kommen, ist es nicht relevant. Und selbst dann lohnt es eher, seine Gedanken und Kraft für die Bewältigung der Situation zu nutzen. Also: Konzentration auf Euch selbst.

Stavorens Welle ist gnädig mit mir

Stavoren ist bekannt für seine Welle. Häufig ist es recht ungemütlich vor der Hafeneinfahrt. Und nicht selten surft man eher in den Hafen, als das man fährt. Nicht so an diesem Tag. Ich hatte perfekte Bedingungen. Ruhiges Wasser. Mäßigen Wind. Moderate Temperaturen. In meinem Kopf ging ich alle Schritte durch und mir fiel auf, dass ich noch nie ein Segel selbst hochgezogen hatte. Wie auch? Ich segelte gerade einmal seit zwei Wochen. Meine Erfahrungen konnte man an einer Hand abzählen. Und diese Einhand-Ausfahrt war eigentlich erst für sehr viel später angedacht. Aber ich hatte Tommy aufmerksam beobachtet und mit Fragen durchlöchert. Also wusste ich auch ohne praktische Erfahrung, was zu tun war.

Ich schloß den Pinnenpilot an und testete diesen einige Zeit. Schließlich drehte ich den Bug der Passion in den Wind, aktivierte den Autopilot und beobachtete den Verklicker. Erst nach einiger Zeit war ich mir sicher, dass nun alles passte und ich griff beherzt zum Großfall.

Zum ersten Mal Segel setzen

So ein Groß hochzuziehen, erfordert schon einiges an Einsatz. Und ich kam nicht nur deswegen ins Schwitzen. Denn meine Sorge war, dass mir andere Schiffe den Weg kreuzen oder die Passion aus dem Wind geraten könnte. Also zog ich mit aller Kraft und kurbelte zum Schluß, was das Zeug hält. Zufrieden betrachtete ich mein Werk, bevor ich mich daran machte, die Genua ebenfalls rauszuziehen.

Natürlich legte sich die Passion ein wenig auf die Seite in dem Moment als ich auf einen Amwind-Kurs abfiel, um das Vorsegel zu setzen. Das war auch wieder ein Herzschlagmoment. Obwohl ich natürlich wusste, dass dies logischerweise passieren würde. Ich atmete tief durch; bediente Fockschot und Holeleine zugleich. Für die bevorstehende Wende wollte ich mein Vorsegel schonen, deswegen fixierte ich Schot und Holeleine, als die Genua bis kurz vor die Wanten reichte.

Es war vollbracht. Die Segel waren gesetzt. Ich gebe zu, eEs erfüllte mich mit Stolz mein Segelboot so unter Segeln zu sehen. Und als ich den Gashebel auf Neutral stellte, machte die Passion allein mit Windkraft Fahrt. Es waren nur 2 bis 3 Knoten, dennoch:

Ich segelte. Und das Einhand.

Dieser besondere Segler-Moment

Nun kam der Moment, von dem so viele Segler stetig schwärmen. Das Ausschalten des Motors. Übrigens fiel mir in diesem Moment auf: Auch den Motor von meiner Passion hatte ich noch kein einziges Mal selbst ausgemacht. Es war also eine Ausfahrt mit einer Reihe von ersten Malen, wie ich amüsiert erkennen musste:

Erstes Mal Einhandsegeln.
Erstes Mal alleine Ablegen.
Erstes Mal Pinnenpilot.
Erstes Mal Segel setzen.
Erstes Mal Motor ausschalten.


Ich zog am Hebel der Kraftstoffzufuhr und der bekannte Warnton erklang dröhnend. Ich schob ihn zurück und drehte den Zündschlüssel.

Stille. Rauschen. Nichts als das.
Und auch wenn es damals zunächst unheimlich war; heute gehöre auch ich zu den Seglern, die diesem Moment entgegenfiebern.

Meine erste Einhand-Wende

Die Passion glitt eine Weile übers Ijsselmeer. Mein Hund Light schlief entspannt. Und ich feierte diesen Moment. Wenngleich ich schon begann, im Kopf die Wende zu planen. Denn irgendwann müssten wir ja auch wieder Richtung Hafen zurück – natürlich solange wie möglich unter Segeln. Und so ging ich das Manöver im Kopf durch. Hörte Tommys Stimme, wie er mir Schritt für Schritt die Wende erklärt hatte. Rief mir die Tastenkombination des Pinnenpilots für die Wende erneut ins Bewusstsein. Es vergingen sicherlich 30 Minuten, bis ich bereit war. Aber ich hatte ja auch keine Eile – und zudem mittlerweile das Ijsselmeer fast für mich allein.

Aufregend so eine erste Wende allein. Aber es funktionierte gut und mein Segler-Selbstbewusstsein erhielt einen weiteren Push. Die Passion ließ sich hervorragend händeln. Der Pinnenpilot tat, wie ihm geheißen, während ich die beiden Fockschoten bediente. Und ich machte mich wieder auf Richtung Stavoren Außenhafen. Es waren nur rund 5 Seemeilen, die ich an dem Tag vor den Toren Stavorens fuhr, aber es war der Auftakt für meine erste Segelsaison – meine erste Segelsaison Einhand.

Sicherlich. Segel einholen und Anlegen waren ebenfalls Herzschlagmomente, doch ich meisterte alles. Nicht ohne den ein oder anderen Schweißausbruch, aber ich arbeitete mich von Manöver zu Manöver. Und die Passion lag schließlich wieder fest vertäut in ihrer Box.

Mein erster Versuch Einhandsegeln war für mich ein voller Erfolg – und machte mir Mut, das Ziel, auch alleine Segeln zu können, weiterzuverfolgen.

Meine 5 Erkenntnisse zum Einhandsegeln

Aus diesem kleinen ersten Einhand-Versuch habe ich folgende Erkenntnisse mitgenommen:

1. Fundierte Ausbildung lohnt sich. Learning by doing ist wichtig. Aber einen versierten Lehrer zu haben, der einen gut vorbereitet und die Ausbildung begleitet, bringt einem Sicherheit und mehr Möglichkeiten. Und gibt der Lernkurve einen richtigen Push.

2. Einfach mal machen. Nur wenn man sich auch traut und die Komfortzone verlässt, passiert auch was. Also Leinen los.

3. Sicherheit geht immer vor. Moderate Windverhältnisse sind das A und O bei der Sache. Man muss es sich nicht unnötig schwer machen. Lieber bei wenig Wind und am besten bei Sonnenschein üben. Schließlich ist das kein Wettbewerb. Es geht darum, etwas für sich zu tun. Deswegen sollte man es sich so leicht machen, wie es geht. Bei wenig Wind lässt sich zudem alles viel leichter händeln.

4. Das Bauchgefühl gibt den Ton an. Ich habe mir angewöhnt, auf meine innere Stimme zu hören. Wenn die Nein sagt, dann bleibt es auch bei einem Nein – egal, was andere sagen. Gleiches gilt fürs Reffen. Mein Boot, meine Entscheidung. In Kombination mit meinem gesunden Menschenverstand hat mich diese Haltung sicher durch die Saison gebracht.

5. Gute Vorbereitung ist alles. Vorm Ablegen ist vorm Anlegen. Mittlerweile sitzen die Abläufe, aber noch immer gehe ich alles Schritt für Schritt durch. Im Idealfall kenne ich den Zielhafen schon. Wenn nicht, recherchiere ich. Überlege mir schon, wann und wo ich alles wieder fürs Anlegen klariere. Und verstaue bereits während des Ablegens meine Vorleinen, wenn es zum Beispiel raus aufs Ijsselmeer geht. Wenn man allein unterwegs ist, fehlen einem schließlich 2 bis 4 Hände. Gut beraten ist, wer da schon alles für sich sortiert hat. Das bringt Ruhe und schafft Raum für Unerwartetes.

Ein gelungener Start im Einhandsegeln

Mit diesen Erkenntnissen bin ich meine erste Segelsaison angegangen. Und habe das Abenteuer Einhandsegeln gleich mitgestartet.

Ich gebe zu: Ich hatte Glück. Ein hervorragendes, gutmütiges Boot und grandiose Segellehrer haben mir den Start mehr als nur erleichtert – all das hat ihn mir erst ermöglicht. Plus das Quäntchen Mut und Ehrgeiz, das ich mitgebracht habe, weil ich es unbedingt wollte:

SEGELN.


Kleiner Tipp: Auf YouTube habe ich auch ein kleines Video über meine erste Einhand-Ausfahrt hochgeladen:

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